Das
Dorf Prüfening, die "villa Bruveningun dicta" der ersten
Jahrtausendwende, hat auch dem jüngeren und stadtnäheren Kloster des
Benediktinerordens den Namen gegeben.
Das einstige Kloster und heutige Schloss des Fürsten von Thurn und Taxis
ist inmitten seines großes Parks und in der weitgehend intakten Ackerbau- und
Waldlandschaft über der Donau trotz der Veränderungen und Abbrüche in den
letzten 200 Jahren immer noch ein beeindruckendes Denkmal der altbairischen
Klosterlandschaft, trotz der Säkularisation des Jahres 1803 ein eindrucksvolles
Zeugnis monastischer Kultur des Mittelalters und der Neuzeit.
Als Bischof Otto von Bamberg, der große Klostergründer und Bauherr
zahlreicher Kirchen, im Jahr 1109 das Kloster Prüfening gründete, wählte er
den Platz für seine neue Gründung sorgfältig an der wichtigen
Verkehrsverbindung zwischen Regensburg und Nürnberg aus; die noch heute in
Großprüfening bestehende Donaufähre war vom 12.
Jahrhundert an bis zur Säkularisation im Besitz des Klosters.
Den
monastischen Geist der Gründungszeit vermittelt trotz späterer barocker
Umgestaltung besonders eindrucksvoll die nach dem Zeugnis einer einzigartigen
Weiheinschrift im Jahr 1119 geweihte Kirche, eine dreischiffige Pfeilerbasilika
mit einem östlichen Querschiff und zwei Osttürmen.
Diese Kirche ist der erste romanische Kirchenbau der Hirsauer Bauschule
in Altbayern, ein Zeugnis sorgfältiger Steinmetzkunst und ebenso als Architektur beispielgebend für weitere romanische Kirchenbauten
Regensburgs und seiner Region. Die
Kirche ist ein Zeugnis der von den cluniazensischen Reformideen erfüllten Mönche,
die Bischof Otto von Bamberg zur Erneuerung des Mönchtums aus Hirsau nach Prüfening
berief. Im Schicksal des ersten
Abtes, des später als Seliger und Wundertäter verehrten Erminold, der von
einem seiner Mitbrüder wegen der
strengen Auslegung der Ordensregel erschlagen wurde, spiegeln sich noch die
geistlichen Spannungen dieser Gründungszeit.
Nicht
nur in der Architektur vom ursprünglichen romanischen Westportal bis zum gewölbten
Hochchor mit den ursprünglichen Seitenapsiden und dem mächtigen Querschiff ist
der Geist und die Baugesinnung dieser Reformzeit spürbar.
Am eindrucksvollsten sprechen die romanischen Wandmalereien aus dem
zweiten Viertel des 12. Jahrhunderts
von der geistigen Welt des Gründungsjahrhunderts. Dies gilt trotz der Tatsache, dass große Teile der Malereien
durch den Abbruch der romanischen Apsis zu Beginn des 17. Jahrhunderts verlorengegangen sind und die Fresken im
Presbyterium vor der letzten Jahrhundertwende durch die Restaurierung im Sinne
der damaligen Denkmalpflege wesentlich ergänzt und überarbeitet wurden.
An den Vierungspfeilern und in den Nebenchören wurden sie nur
konserviert und bewahren so bis heute den ursprünglichen Charakter und die
Farbgestaltung
dieser einzigartigen Malereien. Ein
inhaltliches Programm in ornamental gestalteter Gliederung zeigt vor allem die
figurenreiche Allerheiligenlitanei mit Mönchen, Märtyrern
und
Propheten, mit Maria als Braut Christi und Verkörperung der Kirche, in den
Seitenapsiden Szenen und beziehungsreiche Motive zum Leben Johannes des Täufers
und des Ordensgründers Benedikt. In
einem berühmten Wandbild werden in der Darstellung der sogenannten
Zweischwerterlehre die Spannungen des Investiturstreits, die Unterstützung
des Reformpapsttums und seines gegen die Interessen der weltlichen Macht
gerichteten
kirchenpolitischen Anspruchs durch die Benediktiner von Prüfening zum Ausdruck
gebracht.
So
erlebte das Kloster Prüfening schon bald nach seiner Gründung eine hohe künstlerische
Blütezeit unter der langen Regierungszeit des zweiten Abtes Erbo, aber auch
reiches wissenschaftliches Leben in seiner Bibliothek, seiner Schreibschule,
seiner Buchmalerei und seinen gelehrten Leistungen auf den Gebieten der
Theologie, Philosophie und Medizin.
Die
vor allem im 17. und 18. Jahrhundert
umgestaltete Klosterkirche ist in ihrem eindrucksvollen romanischen
Grundcharakter nicht das einzige Zeugnis der Gründungszeit Prüfenings.
Aus ihr hat sich auch die St.-Andreas-Kirche westlich der Klosterkirche,
die heute im Schlosspark liegt, erhalten. Sie
wurde ebenfalls schon 1125 geweiht und stellt als einschiffiger Bau mit Chorturm
in ihrem sorgfältig gestalteten Quadermauerwerk die älteste Spitalkirche
Regensburgs dar und diente von Anfang an offensichtlich nicht nur für die
Klosterbediensteten, sondern auch für die Spitalinsassen als Seelsorgskirche.
Nach ihrer Profanierung infolge der Säkularisation wurde sie nach dem
Zweiten Weltkrieg wiederhergestellt und gottesdienstlichen Zwecken gewidmet.
Zum
erhaltenen oder auch noch in Umrissen erkennbaren Ensemble der romanischen
Klosteranlage gehört ferner die romanische Brunnstube des 12.
Jahrhunderts, ein ungewöhnliches und seltenes Denkmal einer
mittelalterlichen
Wasserversorgungsanlage, deren Funktion nicht nur in dem über der Erde
gelegenen Bauteil, sondern auch in den unterirdischen Teilen abzulesen ist.
Die
romanische Klosteranlage des 12. Jahrhunderts
erfuhr in barocker Zeit eine tiefgreifende Umgestaltung, die bis heute das
Erscheinungsbild von Kirche und Kloster prägt, ohne die romanischen Grundlagen
zu beeinträchtigen. Anstelle der
bemalten romanischen Flachdecke wurde im 17.
Jahrhundert ein Einwölbung von Quer- und Langhaus vorgenommen.
In den neuen Gewölben von Mittelschiff und Seitenschiffen entfaltete der
Prüfeninger Maler Johann Gebhard mit seiner Darstellung des Martyriums des
Kirchenpatrons St. Georg und den Bildern von dem Orden des heiligen Benedikt
verbundenen Heiligen eine zurückhaltende Barockisierung, der auch Altäre und
Grabsteine dieser Zeit entsprechen. Mittelpunkt
der Kirche und Verbindung des Hochchors mit dem Kirchenschiff stellt das 1283
errichtete Hochgrab des ersten [Abtes Erminold] dar (siehe Vignette links oben). Dieses herausragende Werk, die vor allem in den Händen so
lebensvolle Gestalt des Abtes mit Abtstab und Buch, ist die bedeutendste Schöpfung
des traditionell nach diesem Werk benannten anonymen
"Erminoldmeisters", dem in Regensburg auch die Verkündigungsgruppe im
Dom zuzuordnen ist. Neuerdings will
man in diesem Bildhauer den um 1280 vom Oberrhein nach Regensburg berufenen
Dombaumeister Ludwig sehen. Dieses vielbewunderte Grabdenkmal ist neben den
romanischen Fresken einer der Hauptanziehungspunkte der Klosterkirche St. Georg
für Besucher aus aller Welt.
Eine
stärkere Umgestaltung als die romanische Kirche erlebte die übrige
Klosteranlage in der Barockzeit. Die weitläufige und hohe Mauerumfriedung umschloß vielfältige
Gärten. Der im 17. Jahrhundert
neugestaltete Abteistock, der Westtrakt der Klostergebäude, bietet zusammen mit
der Kirchenfassade des frühen 18. Jahrhunderts ein geschlossenes Bild
mönchischer Baukultur von repräsentativer Wirkung. Trotz der tiefgreifenden Veränderungen nach der Säkularisation
und noch einmal zu Beginn des 20. Jahrhunderts
haben sich in teilweise veränderter Form ein Rest des Konventtraktes, die
Wirtschaftsgebäude
und der Bauhof erhalten und erinnern damit auch an die wirtschaftliche Bedeutung
des einstigen Benediktinerklosters.
Ein
wichtiges Denkmal der Wissenschaftsgeschichte ist der im 18.
Jahrhundert von Abt Martin Pronath auf einem Teil des älteren
Konventgebäudes
errichtete Astronomische Turm. Neben
der berühmten Sammlung naturwissenschaftlicher Instrumente und einem
bedeutenden
Naturalienkabinett ist er ein Zeugnis der naturwissenschaftlichen Interessen der
Prüfeninger Benediktiner im 18. Jahrhundert.
Dieses Jahrhundert war auch noch einmal eine Blütezeit des Klosters,
in der Predigt und Literatur, Musik und Theater, vor allem das Wirken des
vielseitigen Gelehrten und letzten Abtes Rupert Kornmann, aber auch die
Kompositionen des Fraters Marianus Königsperger Prüfening weithin einen
hervorragenden Ruf verschafften. Für
das Studium im Kloster und die Ausbildung des Nachwuchses boten Bibliothek,
Archiv, Münzkabinett und Kunstkammer vorzügliche Möglichkeiten.
Die wissenschaftlichen Interessen des Klosters galten vor allem der
Mathematik und Geschichtsschreibung, der Philosophie und der
Sprachwissenschaft.
Die
Säkularisation, die Aufhebung des Klosters im Jahr 1803 durch das
Kurfürstentum
Bayern, hat mit der Verschleppung und dem Verlust so vieler kultureller Güter
diese Klosterkultur wohl auf immer zerstört.
Eine wichtige Bildungsstätte Altbayerns mit enger Verbindung zur
oberpfälzischen Region, aber auch zu den Orten benediktinischen Lebens ging
zugrunde, ein Verlust auch für das heutige Regensburg.
Der
Übergang des Klosterkomplexes in Privathand eröffnete ein neues Kapitel in der
Geschichte Prüfenings, die Entwicklung des Besitzes zu einem ländlichen
Wohnsitz adeliger Familien und schließlich im Jahr 1899 mit dem Erwerb des
Schlosses und Parks durch das Fürstenhaus von Thurn und Taxis zur fürstlichen
Sommerresidenz dieser Familie, die sie vor allem in den ersten Jahrzehnten des
20. Jahrhunderts war. Den Bemühungen eines Angehörigen dieses Hauses, des P.
Emmeram von Thurn und Taxis OSB, zur Wiedererrichtung des Benediktinerklosters
Prüfening nach dem Beispiel älterer Klostererneuerungen durch König Ludwig 1.
von Bayern und dem Wiedererstehen von Benediktinerklöstern im 20.
Jahrhundert von Neresheim bis Rohr war kein Erfolg beschieden, was
angesichts der bedeutenden klösterlichen Vergangenheit Prüfenings zu bedauern
ist. So bleibt gegenwärtig die mit
der angekündigten Verwendung des einstigen Klosters und heute leerstehenden
Schlosses für die Montessori-Schule berechtigte Hoffnung, dass für Prüfening
eine angemessene, im öffentlichen Interesse liegende Nutzung auf Dauer gefunden
wird, und das einstige Kloster als eindrucksvolles und für das heutige
Regensburg bedeutendes Denkmal jahrhundertealter Klosterkultur erhalten bleibt.
Der
1996 in Regensburg gegründete Verein "Freunde des ehemaligen
Benediktinerklosters Prüfening" hat in den letzten Jahren die
Klosterkirche St. Georg wieder mehr der Öffentlichkeit zugänglich gemacht (geöffnet
von April bis Oktober an allen Sonntagnachmittagen von 14.00 bis 17.00 Uhr) und
sie mit zahlreichen kirchenmusikalischen Veranstaltungen zu einem Ort
lebendiger Stadtteilkultur in Regensburg gemacht.
In Vorträgen und Veröffentlichungen fördert er die Erforschung und
Dokumentation der Geschichte und Kultur des einstigen Klosters.
Vor allem tritt er in der Öffentlichkeit ein für die Erhaltung und
denkmalpflegerische Betreuung der gesamten einstigen Klosteranlage als
historisch und kunstgeschichtlich bedeutendes Ensemble in seinem ganzen
landschaftlichen Zusammenhang.
Hunderte
von Mitgliedern dieses Vereins und Tausende von Besuchern aus aller Welt haben
mit ihrem Interesse an diesem herausragenden, altehrwürdigen Kulturdenkmal
Altbayerns von europäischem Rang diese Bemühungen unterstützt und die
Hoffnungen auf eine glückliche Zukunft Prüfenings gestärkt. (entnommen aus der Festschrift "1000 Jahre Prüfening - Dorffest
zwischen Kloster und Donau")
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